Für manche Schachspieler ist Schach960 immer noch eine Spaßvariante des Schachs, ähnlich wie Räuberschach, Tandemschach, Atomschach, Zylinderschach usw. Andere bilden sich, nachdem z. B. erste Erfahrungen mit Schach960 schlecht waren, schnell Vorurteile („Schach960 = Unfug, Chaos, unseriös“) und wenden sich wieder ab.
Dabei ist Schach960 das gleiche Schach, wie es überall auf der Welt gespielt wird und folgt den gleichen Regeln, die seit Jahrhunderten bestehen und befolgt werden. Was Schach960 jedoch vom bisher gespielten klassischen Schach unterscheidet, ist einzig die Aufstellung der Figuren auf der Grundreihe vor jeder Partie. Diese wird in der Regel kurz vor der Partie ausgelost. Dabei gilt zu beachten, daß die beiden Läufer auf verschiedenfarbigen Feldern stehen. Des weiteren muß in der Grundaufstellung ein Turm rechts vom König und der andere Turm links vom König stehen (der Abstand zum König ist jedoch nicht festgelegt: er kann nur ein Feld, aber auch bis zu 6 Felder sein) – dies ermöglicht im Spielverlauf die Rochade sowohl zur einen Seite, wie auch zur anderen Seite.
Natürlich sind die weiße und schwarze Grundstellung spiegelsymmetrisch zueinander. Aufgrund dieser Vorbedingungen ergeben sich exakt 960 mögliche, verschiedene Grundstellungen.
Zur Rochade: man spricht bei Schach960 nicht von langer und kurzer Rochade, sondern von c-Rochade und g-Rochade. Nach der Rochade stehen König und Turm genau da, wo sie auch nach der Rochade im klassischen Schach gestanden hätten. Aus weißer Sicht wird also so rochiert, daß der König auf c1 und der links vom König stehende Turm auf d1 gestellt werden (= c-Rochade). Bei der g-Rochade wird der König auf g1 und der rechts vom König stehende Turm auf f1 platziert. Analog verhält es sich bei der c- und g-Rochade des Schwarzen.
Es gelten natürlich weiterhin die Voraussetzungen, unter denen überhaupt die Rochade erlaubt ist: König und Turm dürfen sich noch nicht bewegt haben, der König darf nicht im Schach stehen und darf auch nicht über ein vom Gegner bedrohtes Feld gezogen werden. Zwischen dem König und seinem Zielfeld (c1 oder g1 bzw. c8 oder g8), ebenso zwischen Turm und dessen Zielfeld (d1 oder f1 bzw. d8 oder f8) darf keine Figur stehen außer evtl. der König selbst bzw. der an der Rochade beteiligte Turm.
Die gewohnte „kurze“ Rochade kann dann u. U. „sehr lang“ werden, z. B. wenn der König auf b1 steht. Es kann natürlich auch sein, daß sich nur eine der beiden an der Rochade beteiligten Figuren bewegen muß. Ebenso ist u. U. schon im ersten Zug eine Rochade möglich (z. B. bei Ausgangsstellung mit König auf f1 und Turm auf g1).
Und das war auch schon alles! Nichts ist eingeschränkt, zu dem klassischen Schach kommen nur 959 weitere Grundstelllungen dazu – die aber nach den gleichen Regeln gespielt werden, wie sie sich seit Jahrhunderten bewährt haben. Schach spielen vom allerersten Zug an! Das war die Idee von Schachlegende Bobby Fischer, als er diese neue Art Schach zu spielen entwickelte. Abschied nehmen vom blitzartigen „Aufstellen“ einer vorbereiteten Eröffnung – stattdessen Kreativität vom ersten Zug an.
Chess960 ist keine „neue“ Variante des klassischen Schach, sondern eine faszinierende Erweiterung der bisherigen Möglichkeiten. Die bekannte Stellung ist als „Stellung 518“ nur eine von 960 Möglichkeiten, die 64 Felder neu zu entdecken. Das klassische Schach besteht weiterhin, aber es hat 959 Geschwister bekommen.